Purgatory – deutsch

-1-

Wie jeden Freitagabend saßen die Freunde im „Roadhouse“. Es war eine lieb gewonnene Tradition aus Studienzeiten, auf die Dean nicht verzichten wollte. Im Laufe der Jahre waren die meisten Studienkollegen ausgeblieben und dafür andere Kumpel und Freunde von anderswo dazugekommen.

Sam, Charlie, Benny, Adam, Cole und Dean saßen heute an dem etwas abseits gelegenen Stammtisch.

Jared Padalecki als Sam Winchester
Felicia Day als Charlie Bradbury
Jake Abel als Adam Milligan
Travis Aaron Wade als Cole Trenton

„Sollte es mir zu denken geben, dass ich seit Monaten die einzige Frau in der Runde bin?“ fragte Charlie belustigt.

Dean schüttelte den Kopf. „Die Runde geht auf dich Bradbury! Du wolltest es nicht mehr ansprechen!“

Charlie hob die Hand für eine Bestellung.

„Was darf‘s denn sein Jungs?“ fragte Jo, die wie immer den Stammtisch betreute.

„Fünf Kinky Queens!“ rief Charlie queer über den Tisch.





Alona Tal als Joanna „Jo“ Beth Harvelle und Samantha Ferris als Ellen Harvelle
Jim Beaver als Robert Steven „Bobby“ Singer

„Oh hey Charlie, du bist ja auch mal wieder da!“ Jo nickte entschuldigend über den Tisch. „Ich wollte dich nicht beleidigen!“

Charlie winkte ab. „Schon gut. Ich bin es gewohnt, unter den heißen Jungs hier nicht aufzufallen!“

„Wie geht es deiner Mutter? Ich habe sie diese Woche noch gar nicht gesehen?“ fragte Dean an Jo gewandt.

„Sie sitzt im Büro hinten und macht die Abrechnung. Ich würde normalerweise sagen, geh einfach mal ‚Hallo‘ sagen, aber heute würde ich sie an deiner Stelle lieber nicht stören!“ antwortete Jo. „By the way… warst du mal wieder bei Bobby draußen?“

Dean schüttelte den Kopf. „Ich hatte kaum Zeit in den letzten Wochen. Wir fangen gerade an, einen neuen Film zu drehen. Ich bin selten vor Mitternacht zu Hause, Pressetermine, Locations checken, mit Benny und Crowley Text lernen. Ich hab‘ Bobby gefragt, ob er nicht mal wieder ins Roadhouse kommen möchte. Aber er meinte, er hätte mit der Renovierung des Hauses zu tun, was auch immer er damit meint.“

Die Tür zum Roadhouse öffnete sich und Crowley stolzierte herein. Unter dem Arm hatte er mehrere Papierrollen. Er nickte Jo zu, bestellte einen Irisch Coffee und steuerte direkt den Stammtisch an.

„Hello Boys and Girls!“ begrüßte er die Gruppe. Charlie warf er einen Handkuss zu.

Dean stand auf und reichte ihm die Hand. „Hallo Crowley. Schön, dass du es einrichten konntest. Darf ich dir meine Freunde vorstellen: Das ist Sam, mein jüngerer Bruder; Charlie, unsere Software-Expertin. Sie ist für mich wie eine kleine Schwester, also Finger weg! Benny kennst du ja schon. Adam, ebenfalls ein jüngerer Bruder und Cole, mein Kamerad aus Haiti 2004. Leute, das ist Crowley. Wir drehen zurzeit den neuen Film zusammen.“

„Hallo Crowley“ brüllte der Chor amüsiert.

„Ich habe, wie versprochen, die Filmplakate mitgebracht. Zehn habe ich von der Druckerei bekommen. Mach damit, was du willst.“ Crowley warf das Bündel Papierrollen auf den Tisch.

„Los Winchester, zeig sie uns!“ rief Cole. Dean rollte ein Plakat aus.





Purgatory – Der neue Film mit
Crowley McLeod, Dean Winchester und Benny Lafitte

Adam staunte. „Ist das nach dem gleichnamigen Buch von Chuck Shurley? Ich würde den Autor gerne mal kennenlernen. Wird er am Set sein? Kannst du mich ihm vorstellen?“

Dean wackelte mit seinem Kopf. „Ruhig Blut Löwe! Ich kann’s dir nicht sagen. Ich werde aber versuchen, was mir möglich ist. Bist wohl ein Fan?“

„Das Autorentreffen ist am Mittwoch, Dean. Da könntest du Adam doch mitnehmen.“ mischte sich Sam in die Diskussion ein. „Es wird eine Lesung mit dem Autor geben, einen Sektempfang, Vorstellung der Schauspieler, Fototermine. Charlie, Megan Masters wird auch dort sein! Ich habe wieder genug Karten für uns alle reserviert.“

„Cool, danke Sammy!“ erwiderten Dean und Adam im Chor.

Cole schüttelte den Kopf. „Sorry Jungs, ich bin raus. Montag bis Freitag Drill Training mit den Frischlingen in der Kaserne. Und bei der Fahrzeit hier raus kann ich mich mittwochs leider nicht davon stehlen.“

„Dito.“ rief Charlie. „Ich kann mich Mittwoch auch nicht loseisen. Wir haben einen neuen Chef und der treibt uns ganz schön an. Da verpasse ich ja eine echt heiße Braut! Also Sammy, nächstes Mal die Termine aufs Wochenende legen!“

„Jawohl, Chefin!“ lachte Sam. „Die Buchvorstellung ist erst abends, falls ihr zwei es euch noch anders überlegt!“

-2-

Castiel schloss den Buchladen ab und drehte sich um. Es war bereits dunkel und die Straßen waren fast menschenleer. Er atmete tief die frische Nachtluft ein. Er blickte nach oben. Es war eine sternenklare Nacht. Er genoss einen Moment den Anblick, dann machte er sich auf den Weg nach Hause.

Auf dem Heimweg kam er an „Harvelle’s Roadhouse“ vorbei. Dann und wann legte er hier einen Zwischenstopp ein, um einen Whiskey zum Feierabend zu trinken. Heute war ihm aber nicht danach.

Doch dann öffnete sich die Tür zum Roadhouse mit einem lauten Knall und ein Betrunkener stolperte vor Castiels Füße. Castiel erschrak und machte einen Satz nach hinten.

„Sorry, Mann!“ kam es von der Tür. Castiel blickte auf und direkt in ein Paar wunderschöner grüner Augen. Er neigte verlegen den Kopf zur Seite. Er wusste nicht, ob und was er antworten sollte.

„Es tut mir leid. Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen. Aber der Spaßvogel da hatte seinen Anstand heute zu Hause vergessen. Komm, ich lad‘ dich auf einen Drink ein!“ sagten die grünen Augen zu Castiel. Castiel schluckte. Eigentlich hatte er sich auf eine Tasse Heiße Schokolade vor seinem Fernseher gefreut. Aber irgendwie konnte er zu diesen eindringlich blickenden grünen Augen nicht ‚nein‘ sagen. Er nickte und folgte den grünen Augen nach drinnen.

An der Bar stand Jo, die ihn freundlich begrüßte. „Hey Castiel, wie geht’s?“

„Gut, danke Miss Joanna.“ antwortete der Buchhändler und folgte Dean zum Stammtisch.

„Wie hast du sie gerade genannt? Joanna?“ fragte Dean nach.

„Ja, warum?“ hakte Castiel seinerseits nach.

Dean schüttelte den Kopf. „Unwichtig.“

Als sie am Tisch angekommen waren, begrüßte Castiel jeden höflich und nahm Platz. Zu seinen Freunden sagte Dean: „Ich hab‘ dem Hübschen hier gerade einen Trunkenbold vor die Füße geworfen und ihn damit erschreckt. Ich schulde ihm eine Entschuldigung.“ An Castiel gewandt: „Was trinkst du, Kumpel?“. Jo war ihnen zum Tisch gefolgt.

„Einen Whiskey, bitte.“ antwortete Castiel verlegen und nickte Jo zu. „Und nein, Du schuldest mir nichts. Ich…“ Dean hob seine Hand, um ihn zu unterbrechen. Er nahm einen Stuhl vom Nachbartisch und setzte sich neben Castiel. Er reichte ihm die Hand. „Hi, ich bin Dean,“ Castiel blickte nachdenklich auf die Hand. Er besann sich jedoch rechtzeitig und schlug ein. „Castiel.“ antwortete er nur knapp.

Dean nickte. „Willkommen in der Runde!“ Castiel lächelte. „Danke.“ Dean bedrängte ihn vorerst nicht weiter und unterhielt sich mit seinen Freunden. Jo brachte den Whiskey. Castiel nahm das Glas dankend entgegen und leerte es in einem Zug.

Jo und Dean lachten. „Noch einen?“ Castiel schüttelte den Kopf. „Ein Wasser wäre nett.“

„Sieben Kinky Queens“ brüllte Charlie vom anderen Tischende. „Und einen Kaffee für mich!“ setzte Dean nach. Jo nickte und blickte in die Runde. „Noch was?“ Alle schüttelten den Kopf.

Dean blickte den Mann neben sich an. Er kam ihm vage bekannt vor. Er wusste nur nicht woher. Dean wollte ihn auch nicht danach fragen. Es wäre ihm wie ein „Anmachspruch“ vorgekommen. Vielleicht ergab sich später ja noch die Gelegenheit, etwas über den Mann neben ihm in Erfahrung zu bringen.  

Castiel wirkte in der Runde etwas eingeschüchtert. Als Jo die Gläser mit der „Kinky Queen“ brachte, bestellte Dean unauffällig eine ganze Flasche davon an den Tisch. Jo nickte nur knapp und verschwand wieder.

„Zu schade, dass Jo heute arbeiten muss, sonst könnte sie sich wie in alten Zeiten mal zu uns setzen und ein bisschen Spaß haben!“  sagte Charlie. Alle brummten zustimmend.

Charlie hob ihr Glas. „Auf unsere beiden neuen Mitglieder. Crowley, Castiel, willkommen im Club!“ Castiel wurde ganz heiß. Er hatte das Gefühl, sein Gesicht würde vor Schamesröte leuchten. Er mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen und nun saß er hier mit völlig fremden Leuten und trank. Das war für ihn ungewöhnlich und es war ihm peinlich.

Dean klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. „Auf Castiel und Crowley“ intonierte er. Alle erhoben sich und prosteten sich zu. Die dadurch entstehende Unruhe sorgte dafür, dass Castiel sich etwas beruhigte.

Als wieder Ruhe eingekehrt war, nahm Dean die Flasche Kinky Queen und füllte Castiels Glas wieder auf. Er prostete ihm zu. „Auf neue Freunde!“ und leerte sein Glas in einem Zug. Castiel tat es ihm gleich. Dean wiederholte das Ganze ein paar Mal. Jedes Mal mit der Aufforderung an Castiel, seinem Beispiel zu folgen.

Castiel taute langsam ein wenig auf. Er blickte in die Runde und nahm zum ersten Mal richtig wahr, dass er am Stammtisch saß. Üblicherweise saß er an der Bar bei Miss Joanna und sah dann und wann zum Stammtisch herüber. Diese Truppe war ihm bisher zwei oder drei Mal aufgefallen. Er hatte sich jedoch nicht näher mit den Personen befasst. Nur der Mann neben ihm, die grünen Augen, die Sommersprossen, waren ihm in Erinnerung geblieben, als Dean vor ein paar Wochen mal an der Bar stand, um zu bezahlen und Castiel höflich anlächelte.

Er blickte Dean an und wunderte sich einmal mehr, wie er an diesem Tisch gelandet war. Dean füllte Castiels Glas erneut. „Sag mal, versuchst Du, mich unter den Tisch zu trinken?“ fragte er lachend. Dean grinste ihn schelmisch an. „Und wenn es so wäre?“ Castiel holte tief Luft, legte seinen Kopf leicht schräg und grinste anerkennend.

„Mein Vater hat mir immer gesagt ‚Trinke niemals mit Fremden‘. Ich glaube, ich weiß jetzt, wieso.“ lachte Castiel. Dean mochte die Wärme in Castiels tiefer Stimme, die Wärme in seinem Lachen… Er schüttelte den Kopf, diese Gedanken wollte er nicht weiter verfolgen.

Castiel stellte fest, dass er heute an einem Tisch mit einem seiner Lieblingsschauspieler saß: Benny Lafitte. Nach und nach ließ er sich auf ein paar kleinere Gespräche ein, und antwortete hier und da auf ein paar Fragen.

Er fühlte sich schon ein kleines bisschen weniger unwohl. Er ließ seinen Blick durch die Runde schweifen und fand die illustre Truppe tatsächlich nett.

Dean prostete Castiel erneut zu. Diesmal sah er ihm dabei direkt in die Augen und lächelte einnehmend. Castiel stellte fest, dass die grünen Augen mit goldbraunen Sprenkeln durchzogen waren und bemerkte nicht, dass er Dean anstarrte.

Dean seinerseits bemerkte sehr wohl, dass zwei himmelblaue Augen ihn anstarrten. Er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Ihm waren diese Augen schon vorher aufgefallen. Er konnte sich erinnern, dass manchmal ein Typ an der Bar saß, den er irgendwie süß fand und der leuchtende blaue Augen hatte.

„Jetzt weiß ich es!“ sagte er plötzlich. Castiel machte große Augen. „Was?“

„Woher, ich dich kenne. Du sitzt manchmal an der Bar vorne bei Jo. Diese Augen würde ich nie vergessen!“ Dean wurde in dem Moment bewusst, was er gesagt hatte, als die Worte seinen Mund verlassen hatten. Er lief rot wie eine Tomate an, unterbrach den Blickkontakt und kippte seinen Shot herunter.

Castiel lächelte. Dean hatte ihn bereits früher bemerkt. Er fühlte sich, ja wie eigentlich? Er wusste es nicht. Beachtet, geschmeichelt, wohl sowas in der Art, dachte er bei sich.

Dean fingerte in der Innentasche seines Jacketts herum und zog eine Visitenkarte hervor. Er legte sie auf den Tisch und schob sie zusammen mit einem neu gefüllten Shot-Glas zu Castiel herüber. „Wir treffen uns hier jeden Freitag. Ich würde mich freuen, wenn du nächste Woche wieder Zeit hättest.“

Castiel wollte die Visitenkarte unter dem Glas hervorziehen und berührte dabei Deans Hand, der sie auf der Karte hatte liegen lassen. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr Dean und er zog überrascht die Hand weg. Er hatte das Gefühl, schon wieder rot anzulaufen und griff hilflos nach seinem Shot-Glas.

Er kippte den Shot herunter und als er das Glas auf den Tisch knallte, lag dort eine andere Visitenkarte. Er blickte erst auf die Karte, dann zu Castiel.

Dean Winchester
Phone: 785 – 8355583
Buchhandel Seraphim
Phone. 785 / 888 55 36  
Castiel Seraph

„Dir gehört der Buchladen unten an der Ecke?“ fragte Dean erstaunt.

Castiel nickte. „Ich komme gerne nächsten Freitag wieder.“ sagte er. Dann erhob er sich. „Entschuldige mich bitte, aber ich muss langsam nach Hause. Ich bin wirklich müde und mehr als nur angetrunken. In diesem Zustand bin ich für niemanden eine gute Gesellschaft.“

Dean lachte. „Bei uns bist du damit in sehr guter Gesellschaft! Und du musst dich hier für gar nichts entschuldigen. Wenn du müde bist, kann das auch jeder verstehen. Also dann bis Freitag?“

Castiel nickte. Er klopfte auf den Tisch. „Bis zum nächsten Mal!“ und verschwand. Dean rief ihm hinterher. „Schreib mir, ob du sicher daheim angekommen bist. Sonst mache ich mir Sorgen. Nicht, dass dir unterwegs jemand einen Trunkenbold vor die Füße wirft!“

Castiel lächelte in sich hinein: Dean machte sich Sorgen ob er sicher zu Hause ankommen würde. Er seufzte. Dean blickte ihm nachdenklich hinterher. Hätte er ihn vielleicht nach Hause bringen sollen? Es dauerte jedoch nicht lange bis sein Telefon vibrierte.

Castiel hätte gerne noch mehr geschrieben, war aber echt zu müde. Ihm wollte nichts Sinnvolles einfallen. Also beließ er es dabei. Er zog sich die Schuhe und die Jacke aus und ging direkt ins Schlafzimmer, wo er sich seiner anderen Sachen entledigte. Er ließ sich auf sein Bett fallen. Duschen konnte er auch morgen früh. Er war einfach zu allem zu müde. Er stellte sich noch den Wecker auf 08:00 Uhr, ließ das Handy neben sich aufs Bett fallen und schlief augenblicklich ein.

Dean war beruhigt und steckte sein Handy wieder ins Jackett. Die Freunde saßen noch bis weit nach Mitternacht im Roadhouse. Dean fiel später betrunken und glücklich in sein Bett. Er träumte von einem Paar blauer Augen.

-3-

Dean wachte mit Kopfschmerzen auf. Er hatte einen mächtigen Kater. ‚Die Sonne schien heute besonders laut!‘ dachte er bei sich.

Das erste, woran er sich vom Vorabend halbwegs erinnern konnte, war ein Paar himmelblauer Augen. Er tastete mit der Hand auf seinem Nachttisch herum, bis er sein Handy fand. Er wollte sich vergewissern, ob das nicht nur ein Traum war. Tatsächlich, da war seine Nummer und ein Chat mit Castiel. Dean holte tief Luft. Kein Traum. Er öffnete die Galerie seines Handys. Auch hier waren Fotos von ihm. Er hatte nicht geträumt.

Dean hatte in seinen Sachen geschlafen. Er setzte sich im Bett hin und durchsuchte sein Jackett. Tatsächlich, er hatte eine Visitenkarte vom Buchhandel Seraphim. ‚Oh mein Gott‘ schrie Dean innerlich. Oh je, die Kopfschmerzen meldeten sich stärker als zuvor. Dean stand vorsichtig auf und stapfte unsicher in die Küche. Er kramte im Medizinschrank nach den Kopfschmerztabletten. Als er sie gefunden hatte, kippte er sie mit einem Glas Wasser herunter.

Anschließend ging er ins Bad. Er zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Dean schloss die Augen und ließ das Wasser über seinen Kopf, sein Gesicht und seinen Rücken laufen. Vor seinem geistigen Auge sah er Castiels Gesicht. Ein Schauer lief durch seinen Körper. Er schüttelte sich. Dean stellte das Wasser von warm auf kalt, was die gewünschte Wirkung erzielte. Er beruhigte sich wieder.

Nach dem Duschen band er sich ein Handtuch um die Hüfte und ging in der Küche Kaffee kochen. Er musste den Kater loswerden. Die Kopfschmerzen ließen langsam nach. Nach dem ersten Kaffee gönnte sich Dean noch einen zweiten und einen dritten. Nach und nach wurde er wach und klar im Kopf. Sein Telefon vibrierte.

Dean hatte eine Idee. Er würde Castiel im Buchladen besuchen. Er stand vor seinem Kleiderschrank und überlegte, womit er Castiel beeindrucken konnte. Warum kam ihm dieser Gedanke? Er runzelte die Stirn. Wann hatte er jemals über so etwas nachgedacht? Hm. Er schüttelte den Kopf. Er entschied sich für etwas Legeres.

Dean besorgte zwei Kaffee und ging zum Buchladen. Seinen Kaffee hatte er allerdings schon leer getrunken, als er am Buchladen ankam. Es war kurz vor 12:00 Uhr. Er wartete vor dem Laden, angelehnt an eine Hausmauer, als Castiel den Laden schloss und losgehen wollte.

„Hey Blau-Auge, Kaffee gefällig?“ flirtete Dean. Castiel schlug das Herz bis zum Hals. Dean wartete vor dem Laden auf ihn, mit einem Kaffee?

„Hey Grün-Auge.“ antwortete er verlegen. Dean hielt ihm den Kaffee hin. Castiel nahm ihm den Becher ab. „Danke.“

Dean stieß sich von der Hauswand ab. „Als du vorhin geschrieben hast, dass du heute arbeiten bist, tat es mir irgendwie leid, dich gestern solange drangsaliert zu haben. Ich dachte, ein Kaffee wäre eine gute Entschuldigung.“

Castiel lächelte und neigte den Kopf zur Seite. „Drangsaliert? Es war ein schöner Abend, du musst dich für nichts entschuldigen.“

„Ein schöner Abend, ja?“ fragte Dean spitzbübisch.

Castiel antwortete darauf nicht. „Lass uns ein Stück gehen.“ Er lief los. Dean zögerte kurz und folgte ihm dann. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinanderher. „Wenn du noch ein bisschen Zeit hast, könnten wir uns vielleicht in ein Café setzen und ein bisschen reden?“ fragte er Dean. Der nickte. „Klar, gerne.“

Castiel lief ein paar Seitengassen entlang, bis sie an ein kleines gemütliches Café kamen. Er deutete darauf. „Gabriel’s Angelic Pie“. Dean nickte. „Es gehört meinem Bruder. Er macht den besten Kirschkuchen der Stadt!“ berichtete Castiel stolz.

Sie betraten das Café. „Hey Bro! Welch‘ seltene Ehre!“ Gabriel stürmte auf Castiel zu und zog ihn in eine Umarmung. „Gabe, das ist mein…“ Castiel überlegte. Dean sah ihn an und zog grinsend eine Augenbraue hoch. „Das ist mein Freund Dean. Dean, das ist mein Bruder Gabriel.“ Dean reichte Gabriel die Hand.

„Dean Winchester! In meiner Bäckerei. Es ist mir eine Ehre. Bitte nehmt doch Platz.“ Gabriel zeigte auf einen der Tische. „Was darf ich euch bringen?“

Dean zuckte mit den Schultern. „Was empfiehlt denn der Chef?“

Gabriel lachte. „Latte Macchiato und Cherry Pie!“ Er machte mit den Händen eine ausladende Geste, um Dean auf die Auslage aufmerksam zu machen.

Dean nickte. „Klingt verlockend. Nehmen wir.“ Er blickte Castiel an, um sich zu vergewissern, dass der nichts anderes wollte. Castiel nickte. Als Gabriel in der Küche verschwand, drehte sich Dean zu Castiel. „Ich freue mich, dass du mich als Freund betrachtest. Wir kennen uns zwar erst seit gestern, aber ich habe auch das Gefühl, dass sich das zu einer wunderbaren Freundschaft entwickelt.“ Er zwinkerte.

Castiel lächelte. „Flirtest du etwa mit mir?“

Deans Wangen färbten sich rot. „Ähm.“

„Schon gut, ich wollte dich nur in Verlegenheit bringen. Jetzt bist du nicht mehr so blass im Gesicht!“ Castiel lachte.

Dean zog die Stirn kraus, musste dann aber auch herzhaft lachen.

Castiel lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Dieses Lachen, sein Lachen, war so…, so wunderbar, so fröhlich und ansteckend. Er lachte jetzt auch laut.

Gabriel betrachtete die beiden Männer von Weitem und lächelte. Er hatte seinen sonst so ernsten Bruder, der ewig traurig wirkte, lange nicht mehr so glücklich gesehen. Er brachte den Latte und den Kuchen zum Tisch. „Lasst es euch schmecken. Das geht aufs Haus!“

„Hm, das kann ich nicht annehmen“ insistierte Dean. Gabriel legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Die Freunde meines Bruders sind auch meine Freunde. Keine Widerworte!“

„Aber…“ versuchte es Dean noch ein Mal. Castiel legte ihm die Hand auf den Unterarm. „Das geht in Ordnung. Schließlich hast du gestern Abend auch ungefragt für mich bezahlt!“ Dean betrachtete die Hand auf seinem Unterarm. Es war ein seltsam vertrautes Gefühl, ein Gefühl der Verbundenheit. Ohne darüber nachzudenken, legte er seine freie Hand auf die von Castiel und blickte ihm in die Augen. „Okay. Du hast gewonnen.“ Er lächelte.

Diesmal war es Castiel, der rot anlief. Dean kicherte schelmisch. Daraufhin mussten beide Männer wieder lachen.

-4-

Gabriel gab Dean seine Visitenkarte. „Du kannst mich jederzeit anrufen. Whats app und Twitter hab‘ ich auch.“

Gabriel’s Angelic Pie
Orders: 785 – 555 36 57
Private: 785 – 555 36 77

„Danke.“ Dean nahm die Karte entgegen und gab die private Nummer gleich in sein Handy ein. Er blickte von seinem Handy auf und Castiel ins Gesicht. Er runzelte die Stirn. „Eifersüchtig? Diesen Blick kenne ich!“

Castiel verschluckte sich an seinem Kaffee und musste husten. „Es tut mir leid! Das wollte ich nicht!“ schwor Dean sofort und klopfte Castiel vorsichtig auf den Rücken. Castiel war puterrot angelaufen. Ob vom Husten oder vor Scham, konnte Dean nicht sagen. Gabriel stand daneben und schmunzelte. Er dachte sich wohl seinen Teil?!

Nach dem dritten Stück Kirschkuchen konnte Castiel Dean endlich davon überzeugen zu gehen. Die beiden verabschiedeten sich herzlich von Gabriel und versprachen bald wiederzukommen. Dean gab Gabriel seine Visitenkarte. „Wenn Ihr beide Lust habt, also Du und dein hübscher Bruder hier, …“ Dean legte einen Arm um Castiels Schulter. „…könnt ihr am Mittwoch zur Vorstellung meines neuen Films kommen. Es ist eine Buchlesung, ein Sektempfang, Fotografen sind auch da. Ich gebe Cas dann die Karten.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und zog seinen Arm zurück, um Gabriel die Hand zu geben.

„Ich weiß nicht, was mit Cassie ist, aber ich komme gerne.“ antwortete Gabriel. Cas nickte bestätigend. Dean freute sich und lächelte.

Vor der Konditorei entschuldigte sich Dean sofort. „Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich vor deinem Bruder nicht in Verlegenheit bringen. Ich habe einfach nicht darüber nachgedacht, was ich da sage.“

Castiel schüttelte den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist alles in Ordnung.“ Die beiden gingen nebeneinanderher. „Du drehst also zurzeit einen neuen Film? Wie heißt er?“ Castiel lief einfach in Richtung seiner Wohnung. „Ja, ‚Purgatory‘. Nach dem gleichnamigen Buch von Chuck Shurley.“ Castiel blieb stehen. Er blickte Dean nachdenklich an. Dean blieb ebenfalls stehen und drehte sich um. „Was ist los?“

Castiel lächelte. „Chuck Shurley ist mein Vater.“ Dean blieb der Mund offen stehen. „Und die Buchlesung am Mittwoch findet in meinem Laden statt.“

Dean atmete schwer aus. „Das muss ich erstmal verdauen. Das ist ja der Hammer!“ Sie liefen weiter. Er freute sich.

Dean blickte Castiel von der Seite an. Ihm gefiel die Vorstellung, das Castiel am Mittwoch da sein würde. Aber seit wann löste ein Mann solche Gefühle bei Dean aus? Castiel war der erste und einzige. Dean wunderte sich noch darüber, als Castiel wieder stehen blieb. „Was ist? fragte er.

„Hier wohne ich.“ Castiel deutete auf die Haustür. „Oh.“ sagte Dean. Beide Männer standen verlegen da und schwiegen sich an.

„Ich werde dann mal gehen und dich dein Wochenende genießen lassen.“ begann Dean vorsichtig. „Ja. Ähm. Danke für den schönen Nachmittag, Dean. Ich habe mich wirklich sehr gefreut. Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß!“ erwiderte Castiel. „Du hast mich vorhin Cas genannt…“ begann Castiel.

Dean unterbrach ihn sofort. „Es tut mir leid. Gefällt er dir nicht?“ Castiel schüttelte den Kopf. „Dean, hör auf, dich andauernd zu entschuldigen. Mir gefällt ‚Cas‘.“ Er reichte Dean die Hand zum Gruß.

Dean legte seine Hand jedoch an Castiels Wange und betrachte ihn. Die Haut unter seiner Hand war weich und warm und färbte sich langsam rot. Castiels Bartstoppeln kratzten ein wenig in der Handfläche. Dean lächelte. „Ich schreib‘ dir, wenn ich zu Hause bin.“ Er strich mit dem Daumen über Castiels Wange und zog seine Hand vorsichtig weg. Er wartete die Antwort des anderen nicht ab und drehte sich um. Ohne ein weiteres Wort ging Dean. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Was hatte er nur getan? Warum verhielt er sich so in der Gegenwart dieses Mannes? Er drehte sich noch einmal um und stellte fest, dass Castiel immer noch steif an derselben Stelle stand und vor sich hin starrte.

Bevor Castiel richtig begriffen hatte, dass Dean gerade ging, war er auch schon um die nächste Häuserecke verschwunden. Castiel starrte ihm nach. Er stand noch eine Weile bewegungsunfähig vor seiner Haustür und versuchte zu atmen. Ein und aus, ein und aus… Was war da gerade eigentlich passiert? Langsam drehte sich Castiel um und öffnete seine Tür. Er schloss sie hinter sich und lehnte dich dagegen. Warum reagierte er so auf diesen Mann? Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Er zog Jacke und Schuhe aus und ließ sich auf seine Couch fallen. Er griff nach der Fernbedienung für den Fernseher und schaltete ihn ein. Es lief gerade ein Bericht über die letzten Militäraktionen des Staates im Ausland. Sein Bruder Michael war zu sehen, ein inzwischen hochdekorierter Kriegsveteran. Castiel lächelte. Manche Dinge änderten sich nie. Auf die Reportage hatte er nur gerade keine Lust. Er schaltete auf einen Nachbarkanal.

Ein Fehler, wie sich gleich herausstellte. Dort lief gerade die Serie „Supernatural“ mit Dean Winchester in einer der beiden Hauptrollen. Castiel saß mit offenem Mund vor dem Fernseher. Mit diesem Mann hatte er gerade drei Stunden im Café seines Bruders gesessen und Kirschkuchen gegessen. Er schüttelte den Kopf und schaltete den Fernseher wieder aus. Sein Handy vibrierte.

Richard Speight Jr. als Gabriel

Castiel musste lachen. Das war wirklich ein blödes Foto. Er mochte es nicht. Aber es war irgendwie auch wieder lustig. Es war so DEAN. Er ließ sein Handy auf die Couch fallen. Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken, ob Dean nach nur zwei Tagen bereits einen Platz in seinem Herzen hatte, warum, wieviel und wo. Er wollte nicht…

Castiel schlief auf der Couch ein und träumte von grünen Augen, Sommersprossen und Kirschkuchen.

Dean wählte Cass Nummer. Es klingelte.

„Hallo Dean.“ meldete sich Cas. Der sonore Bass verursachte Dean eine Gänsehaut.

„Hey Cas.“ erwiderte er. „Ich, ähm, ist alles in Ordnung zwischen uns?“

Castiel holte tief Luft. „Dean, ich…, es tut mir leid, dass ich nicht mal vernünftig ‚Auf Wiedersehen‘ gesagt habe und es tut mir leid, dass du so schnell verschwunden warst und… Ach, ich weiß nicht, was mit mir gerade nicht stimmt.“

„Cas, dir muss wirklich nichts leidtun! Ich rufe eigentlich an, weil ich fragen wollte, ob…, naja, können wir uns morgen treffen?“ Dean fing an zu schwitzen.

„Gerne. Ich, oh Gott, äh, ich würde dich gerne wiedersehen. Ja.“ Castiel stammelte nur noch. Er kam sich gerade so dämlich vor.

„He, am Telefon kannst du Dean zu mir sagen.“ räusperte sich Dean. Er konnte regelrecht hören, wie Cass Gehirn versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. Und dann… schallendes Gelächter am anderen Ende.

„Na warte, du, wenn ich dich morgen in die Finger bekomme, dann…“ fluchte Cas.

Dean lachte. „Was dann? Hm, Cas? Bestrafst du mich dann?“

Cas holte tief Luft. „Oh, Mann. Du wirst gerade sowas von doppeldeutig!“

„Pfui, Cas. Das sind jetzt aber deine Gedanken!“ setzte Dean nach. Castiel musste lachen. Dean liebte es, wenn Castiel lachte. Warte, was? Dean unterbrach diesen Gedankengang sofort wieder.

„Also, ich hol‘ dich dann so um 10:00 Uhr ab und wir fahren mit dem Auto ein Stück raus, in die Natur, ok?“ stammelte Dean.

„Ja, in Ordnung. 10:00 Uhr morgen, Auto, Natur. Klingt prima. Ich freue mich auf morgen.“ erwiderte Castiel.

Dean holte tief Luft. „Okay, dann…, bis morgen, Cas. Ich freu‘ mich auch.“

Dann legte er auf. Er musste das Telefonat erst einmal verarbeiten. Er würde Cas morgen wieder sehen. Und darauf freute er sich wirklich riesig. Hatte er sich gerade tatsächlich verabredet? Fühlte sich das gerade ernsthaft wie eine Verabredung zu einem Date an? Dean schüttelte den Kopf. Wo hatte er sich da hineinmanövriert?

-5-

Dean schreckte aus einem Albtraum hoch. Er schwitzte und keuchte. Nein, das konnte nicht sein? Er suchte sein Handy und fand es auf dem Fußboden neben dem Bett. Er scrollte durch seine Nachrichten und fand Cas. 22:22 Uhr die letzte Nachricht. Sollte er anrufen und sich vergewissern? Ach, sie trafen sich heute sowieso. Da musste er eben noch ein bisschen warten.

Nach zwei Tassen Kaffee fühlte er sich ein wenig besser. Er packte eine Kühltasche mit Getränken und schnappte sich ein paar Chipstüten aus der Küche.

Er duschte, zog sich an und packte die Sachen ins Auto.

Pünktlich im 10:00 Uhr stand er vor Cas Haus. Er war aufgeregt.

Die Tür öffnete sich und Castiel stand ihm gegenüber. Dean grinste über das ganze Gesicht. Ihn jetzt vor sich zu sehen, beruhigte ihn ungemein. „Hey Cas.“

Castiel überreichte Dean einen Picknick-Korb. „Hallo Dean! Ich hab‘ uns ein paar Sandwiches und Kaffee gemacht.“ Dean nahm den Korb entgegen und verstaute ihn im Kofferraum neben seiner Kühltasche.

Er hielt Cas die Beifahrertür auf. Cas bedankte sich und stieg ein. Dean lief um das Auto herum und nahm auf dem Fahrersitz Platz.

„Ich dachte wir fahren ein bisschen raus aufs Land, um der Hektik der Stadt zu entgehen. Ich hoffe, dir gefällt die Idee.“ versuchte er sich in Smalltalk.

Cas lächelte. „Die Idee gefällt mir sehr gut, Dean. Darf ich das Radio anmachen?“

„Ja, klar. Es funktioniert im Moment aber nur die Kassette.“ erwiderte Dean.

Cas schaltete das Radio ein. Ihm dröhnte AC/DC entgegen. Ja, das passte zu Dean, dachte Cas. Er blickte den anderen Mann von der Seite an. Dean wirkte unausgeruht und müde. „Wie hast du letzte Nacht geschlafen?“ fragte er ihn.

Dean zog eine Schnute und schüttelte den Kopf. „Nicht gut. Ich hatte einen Albtraum und konnte danach nicht mehr einschlafen.“

„Oh das tut mir leid zu hören. Willst du drüber reden?“ hakte er nach.

Dean schüttelte den Kopf. „Vielleicht ein anderes Mal. Ich will uns den Tag nicht mit düsteren Gedanken verderben.“

Eine Weile sprachen sie nicht, bis Dean auf einen Parkplatz einbog. „Hier können wir das Auto stehen lassen und ein kleines Stück laufen.“ Cas und Dean stiegen aus dem Auto. Cas nahm den Picknickkorb und Dean die Kühltasche an sich. Die Chips ließ er im Auto liegen. Er freute ich auf die Sandwiches von Cas.

Sie liefen nicht lange, bis sie zu einem Rastplatz für Wanderer kamen. Dort setzten sie sich auf eine Bank und packten das Essen aus. Dean nahm einen großen Bissen von seinem Sandwich und stöhnte vor Wonne. Noch bevor er vollständig runtergeschluckt hatte, sagte er zu Cas: „Das ist das beste Sandwich ever!“ Cas wurde verlegen. „Danke.“ Nachdem Dean das Sandwich fast heruntergeschlungen hatte, trank er den mitgebrachten Kaffee von Cas.

Dean beugte sich vor und gab Cas einen Kuss auf die Wange. „Danke.“ Cas lief rot an und drehte sich zu Dean. „Wofür war der denn?“

„Für den Kaffee und das Sandwich.“ Cas sah Dean in die Augen. „Gerne.“ Er neigte den Kopf zur Seite und erforschte Deans Gesicht. „Willst du über deinen Traum reden?“

Dean sah Cas überrascht an. „Ja, warum nicht.“

Er berichtete Cas von seinem Traum, davon, dass er gesehen hatte, dass Cas starb. Daran zumindest erinnerte er sich sehr deutlich. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

Cas berührte vorsichtig die Hände und zog sie von seinem Gesicht fort. „Dean, darüber zu reden, hilft manchmal. Vielleicht kommt der Traum ja nicht wieder. Und du siehst mich lebendig und gesund vor dir sitzen!“ Er hielt noch immer Deans Hände und strich mit seinen Daumen darüber, um Dean zu beruhigen.

Dean zog vorsichtig seine Hände weg und blickte Cas ins Gesicht. Cas lächelte und Dean fühlte sich wohl. Er nahm Cass Gesicht in seine Hände und zog ihn näher zu sich heran. Er wartete, ob Cas ‚nein‘ sagte oder seinen Kopf zurückzog. Cas sah ihm in die Augen und Dean hatte das Gefühl, er könnte ihm bis auf den Grund seiner Seele schauen. Er drückte seinen Mund zaghaft auf Cas Lippen. Er strich zärtlich mit seinen Lippen über die des anderen. Cas entspannte sich und erwiderte den Kuss. Er öffnete seine Lippen und Dean drang mit seiner Zunge in seinen Mund vor. Cass Hand lag zunächst auf Deans Hüfte und wanderte dann zu Deans Rücken, dort nach oben, über den Nacken und verweilte am Hinterkopf.

Sie saßen noch eine Weile schweigend nebeneinander auf der Bank und genossen die Sonne in ihren Gesichtern.

Nach dem Picknick fuhren sie zurück in die Stadt. Dean hielt vor Castiels Haus. Die Haustür ging auf und zwei Gestalten kamen herausgerannt. Castiel war kaum ausgestiegen, da hielt er schon eine junge Frau und einen jungen Mann in den Armen.

Dean stieg langsam aus und beobachtete die drei über das Autodach hinweg. Castiel löste sich von den beiden und drehte sich zu Dean um. „Dean, dass sind meine Kinder, Claire und Jack. Kinder, das ist mein Freund Dean.“

Kathryn Love Newton als Claire Novak
Alex Calvert als Jack Kline
Emily Swallow als Amara Shurley

„Hey Kiddos.“ Dean hob eine Hand zum Gruß und ging zum Kofferraum. Die jungen Leute grüßten zurück. Dean gab Castiel den Picknick-Korb. Er war verunsichert, was er mit der Information anfangen sollte, dass Castiel zwei fast erwachsene Kinder hatte.

„Ich fahr‘ dann mal nach Hause. Schreib‘ mir, wenn du ein bisschen Luft hast.“ Dean drehte sich um, um zu gehen. Castiel hielt ihn an der Schulter fest. Er blickte Dean in die Augen. „Danke für den schönen Tag.“ Er gab Dean einen zärtlichen Kuss. Dean legte automatisch seine Hand an Castiels Wange und erwiderte den Kuss. „Es war sehr schön, Danke.“ Dean stieg in den Wagen und fuhr davon.

Castiel drehte sich zu seinem Haus um. In der Tür stand Amara, die Schwester seines Vaters. „Es tut mir leid, Cas! Sie sind einfach aus dem Haus gestürmt.“ entschuldigte sie sich.

Castiel winkte ab. „Ist egal. Warum seid ihr schon da? Ihr wolltet doch erst heute Abend da sein?“ Amara nickte. „Ich musste heute nicht arbeiten, daher konnten wir schon früher losfahren.“

-6-

Vor seinem Haus angekommen, parkte Dean den Wagen in der Garage und leerte den Kofferraum. Er stellte alles achtlos in die Küche und nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann ging er ins Wohnzimmer uns ließ sich auf die Couch fallen. Auf dem Tisch davor stand sein Laptop.

Dean klappte den Laptop auf und gab den Namen Castiel Seraph in die Suchmaschine ein.

Castiel Seraph

Castiel Seraph (geb. Castiel Thursday Shurley) wurde am 20.08.1974 in Boston, Massachusetts geboren.

Er besuchte die Greenfield School, die Northfield School und die University of Chicago, wo er Sozialtheorie studierte.

Er ist ein veröffentlichter Dichter. Seine Gedichte, darunter „Baby Pants“ und „Old Bones“, finden sich in der Ausgabe 2008 des Columbia Poetry Review. Er hat auch ein Kochbuch mitgeschrieben.

Er ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender einer Non-Profit-Organisation, die sich der Finanzierung und Betreuung sozialer Projekte im In- und Ausland verschrieben hat.

Er erhielt 2008 von der englischen Königin den Titel Lord für seine herausragende ehrenamtliche Tätigkeit auf britischem Boden.

Zu seinen Filmen gehört u.a. Loot, an dem er als Associate Producer tätig war.

Weitere Filme (Kurzfilme):

2013 Just Relax (Autor, Produktion und Regie)

2014 Suspicious Bulge (Autor, Produktion, Regie)

2015 It is Ticking (Produktion, Regie, Autor)

Castiel Shurley übernahm 2010 den renommierten Buchhandel Seraphim von seinen Eltern und änderte den Familiennamen von Shurley in Seraph.

Seine Eltern, Chuck und Becky Shurley sind weiterhin als Autorenpaar tätig.

1996 heiratete Castiel Shurley Amelia Novak. 1997 wurde die gemeinsame Tochter Claire geboren. Amelia starb nur ein Jahr später bei einem Autounfall.

1999 heiratete Shurley seine zweite Frau, Kelly Kline, die 2000 den Sohn Jack zu Welt brachte. Auch dieses Glück sollte nicht lange anhalten. Kelly erlag einer schweren Krebserkrankung im Jahre 2005.

Nach einigen glücklosen Affären, unter anderem mit Schauspielerin Megan Masters, outete er sich 2015 schließlich als bisexuell.

Auch hier kann der renommierte Buchhändler auf einige kurzweilige Affären zurückblicken. Hierzu zählt der Schauspieler Crowley McLeod.

Im Internet fand Dean mehr Informationen, als Castiel bisher bereit war, selbst bei ihren Gesprächen preis zu geben. Dean musste ihm allerdings zugutehalten, dass sie sich eigentlich erst seit drei Tagen kannten und er von sich selbst auch nicht viel erzählt hatte.

Dean ging in der Suchmaschine mit dem Namen Castiel Seraph auf die Bildersuche.

Matt Cohen als Michael und Rob Benedict als Chuck

Jetzt hatte Dean eine ungefähre Vorstellung von Castiel. Und er stellte einmal mehr fest, dass das Internet wirklich nichts vergisst. Von den Affären mit Megan und Crowley hatte er weder etwas gewusst noch hatte ihm jemand davon berichtet. Er hatte am Freitag am Stammtisch auch nicht den Eindruck, als würden sich Crowley und Castiel schon kennen. Aber er hatte auch nicht darauf geachtet.

Nach einer zweiten Flasche Bier stellte sich Dean unter die Dusche. Wenn er ehrlich war, wusste er jetzt mehr, als er eigentlich wissen wollte. Aber das ließ sich jetzt auch nicht mehr ändern.

-7-

Castiel ließ es keine Ruhe, dass Dean einen sehr verstörten Eindruck machte, als er nach dem Picknick nach Hause fuhr. Als Amara und die Kinder schlafen gegangen waren, rief er bei Dean an.

D:       „Hey Cas.“

C:       „Hallo Dean.“

D:       „Was gibt’s?“

C:       „Ich wollte mich für den schönen Tag heute bei dir bedanken.“

D:       „Das hast du doch schon.“

C:       „Ja. Aber ich dachte, naja. Vielleicht können wir noch ein bisschen quatschen, du

weißt schon, über uns.“

D:       „Über uns?“

C:       „Naja, wie es jetzt weitergeht.“

D:       „Ich weiß nicht Cas, sag du es mir.“

C:       „Ich möchte dich gern wiedersehen. Aber morgen ist Montag und die

Arbeitswoche fängt wieder an. Daher weiß ich nicht, wie wir es bewerkstelligen

sollen.“

D:          „Cas, lass‘ mir etwas Zeit, ja?! Ich muss mich erstmal mit meinen Gefühlen

auseinandersetzen. Ich habe noch nie eine Beziehung mit einem Mann gehabt.

Ich habe keine Vorstellung davon, wie es weiter geht.“

C:       „Das kann ich verstehen. Hast du Angst?“

D:       „Nein. Nicht deswegen. Es ist halt einfach neu, mein erstes Mal verstehst du?“

C:       „Du kannst soviel Zeit haben, wie du willst. Darf ich dich trotzdem wiedersehen?“

D:       „Wir sehen uns Mittwoch zur Lesung. Danach ist noch Sektempfang. Da können

wir reden.“

C:       „In Ordnung. Ich freue mich auf Mittwoch.“

D:       „Cas, ich war auf Wiki und hab‘ ein bisschen über dich gelesen.“

C:       „Und? Enttäuscht?“

D:       „Nein. Das mit deinen Frauen tut mir leid. Und das mit Crowley, naja, ich hätte es gerne vorher gewusst, aber es spielt keine Rolle.“

C:       „Ok. Ich habe Wiki gerade offen und oh je. Wenn du Fragen hast, dann frag‘!“

D:       „Megan? Die spielt doch auch bei ‚Purgatory‘ mit. Sie ist Mittwoch auch da.“

C:       „Ja, zwei meiner Ex-Freunde werden am Mittwoch da sein. Ist das ein Problem für dich?“

D:       „Nein. Ich wollte nur vorschlagen, dass du dir mein Wiki auch durchlesen kannst. Und vielleicht auch solltest. Dann ist das sozusagen ausgleichende Gerechtigkeit.“

C:       „Die Idee hatte ich, als du mir sagtest, du hättest mein Wiki gelesen.“

D:       „Leben deine Kinder bei dir?“

C:       „Ja. Sie besuchen beide die Uni. In den Semesterferien sind sie allerdings viel unterwegs. Sie waren die letzten zwei Wochen bei Amara, der Schwester meines Vaters. Sie hatte sie gestern zurück gebracht, da Montag die Uni wieder anfängt.“

D:       „Ich bin die nächsten Wochen viel in Vancouver. Da ist unser Filmstudio. Ich werde wahrscheinlich nur an den Wochenenden zu Hause sein.“

C:       „Das ist in Ordnung, Dean. Wenn du mich wirklich wiedersehen willst, halte ich mir die Wochenenden für dich frei.“

D:       „Ok, Cas. Wir sehen uns dann am Mittwoch. Ich muss morgen früh raus. Bye.“

C:       „Bis Mittwoch, Dean. Schlaf gut. Bye.“

Cas ließ keine Zeit verstreichen und schaute sich das Wiki von Dean an.

Dean Winchester

Dean Winchester (geb. Dean Glen Winchester) wurde am 01.03.1978 in Dallas, Texas geboren.

Highschoolabschluss 1996

Seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre war er als Kindermodel tätig.

Seit 1997 hat er Engagements als Schauspieler.

Seit 1998 ist er mit Lisa Braeden liiert, 2000 wird der gemeisname Sohn Ben geboren.

2007 trennt sich das Paar. Ben wächst bei der Mutter auf.

Aus einer Affäre mit der Schauspielerin Lydia Canne 2008 geht die Tochter Emma hervor, die 2009 geboren wird, jedoch bereits 2012 tödlich verunglückt.

Seit 2018 versucht sich Dean Winchester auch als Sänger.

Filmografie:

Da hatte er einiges zu verdauen. Dean hatte schon mit Amara und Megan zusammen gearbeitet, was Cas nicht wusste. Dean hatte, ähnlich wie er selbst, einige Affären, manche hoffentlich nur angedichtet. Wiki war da nicht so genau. Aber verheiratet war Dean scheinbar bisher kein einziges Mal.

-8-

Von Montag bis Mittwoch verbrachte Dean die Tage am Set in Vancouver und die Abende in seinem dortigen Appartement mit Benny und Crowley.

Immer, wenn er sich abends ins Bett legte, dachte Dean an Castiel. Er nahm dann sein Handy zur Hand und surfte durch das Internet. Er starrte dann stundenlang auf die Bilder und versuchte, sich darüber klar zu werden, ob er etwas mit Cas anfangen wollte, ob er überhaupt mit einem Mann etwas anfangen wollte. Und wie auf Bestellung piepste jeden Abend um die gleiche Zeit das Handy.

Mittwoch nach dem Mittagessen machte sich das Team von ‚Purgatory‘ auf den Weg nach Kansas, um dort an einer Buchlesung mit dem Autor Chuck Shurley teilzunehmen. Der Flug hatte Verspätung, so dass ein Zwischenstopp im Hotel oder für Dean zu Hause nicht mehr in Frage kam. Die Limousinen fuhren direkt vom Flughafen zur Buchhandlung. Je näher sie dem Laden kamen, um so aufgeregter wurde Dean. Eine Viertel Stunde vor Veranstaltungsbeginn trafen sie ein.

An der Tür zur Buchhandlung erwartete ihn bereits Sam. „Das wird aber auch Zeit!“

„Es tut mir leid. Ich habe dir geschrieben, dass der Flug Verspätung hat.“ Dean umarmte seinen Bruder. Sam begleitete seinen Bruder in die Buchhandlung. Sie wurden von einem Blitzlichtgewitter begrüßt. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.

„Suchst du jemand Bestimmtes?“ fragte ihn Benny, der sich neben ihn stellte. Beide lächelten den Fotografen zu. „Nein, schon gut.“ wiegelte Dean ab. Zu ihnen gesellte sich Crowley. „Na, schon den Autor gesehen?“ fragte er.

Benny und Dean schüttelten ihre Köpfe. „Nein, Du?“ Crowley verneinte. Er deutete auf die andere Seite des Raumes. „Aber eine alte Flamme. Ich geh‘ mal ‚Hallo‘ sagen.“ Damit war Crowley wieder verschwunden. Megan drängte sich an ihnen vorbei. „Jungs, bleibt doch nicht mitten im Eingang stehen!“

Dann sah er ihn, Castiel. Dean musste automatisch lächeln. Castiel entdeckte ihn im gleichen Augenblick und lächelte zurück. Beide nickten sich zu. Megan blickte Dean ins Gesicht. „Läuft da was?“ Dean wurde rot. „Bitte was?“ Megan deutete auf Castiel. Dean schüttelte den Kopf. „Nein, ich denke Crowley hätte was erzählt. Er meinte, eine alte Flamme.“ Megan lächelte wissend. „Ich meinte eigentlich dich, Cowboy! Aber ist jetzt auch egal.“

Die drei Schauspieler und Sam begaben sich unter Blitzlichtgewitter zu ihren Sitzplätzen. Auf dem Weg dorthin kam ihnen Chuck Shurley entgegen. „Meine Herren, ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit!“ Er schüttelte jedem von ihnen die Hand. „Bitte setzen Sie sich doch. Wir beginnen gleich.“

Benny, Megan, Sam und Dean setzten sich in die erste Reihe. Chuck setzte sich in einen Sessel, der auf einer Art Podest stand, von wo jeder Zuschauer ihn sehen konnte. Er begrüßte seine Gäste. Dann stellte er dem Publikum die einzelnen Akteure vor.

„Die Hauptrolle des Dante spielt Dean Winchester.“ Dean erhob sich und drehte sich zum Publikum. „Die beiden Begleiter Vergil und Statius werden von Benny Lafitte als Vergil und Crowley McLeod als Statius gespielt.“ Benny stand auf, Crowley kam zu ihnen herüber und stellte sich dazu. „Sie werden vermutlich die Parallelen zu Dantes Göttlicher Komödie bemerkt haben. Das Buch „Purgatory“ ist zwar daran angelehnt. Es handelt sich jedoch um einen absolut selbständigen Roman.“

Chuck Shurley machte eine rhetorische Pause, bevor er weitere Personen vorstellte. „Die Rolle der Beatrice wird Megan Masters übernehmen, worauf ich mich sehr freue. Wir haben schon zusammengearbeitet.“ Beifall brandete auf, als die Schauspielerin aufstand.

Chuck begann, aus seinem Buch zu lesen. Dean kannte die Geschichte schon, dennoch war es nochmal ein ganz anderes Erlebnis, wenn der Autor selbst vorlas.

Dean blickte immer wieder mal verstohlen in Cass Richtung, der dank der Fotografen jetzt direkt neben ihm saß. Cas lauschte lächelnd der Geschichte. Auch er versuchte dann und wann einen Blick auf Dean zu erhaschen. Als Chuck die Stelle vorlas, in der Dante seine Frau Beatrice aus dem Fegefeuer befreite, trafen sich ihre Blicke. Dean hatte augenblicklich ein Kribbeln im Bauch. Er hatte das Gefühl, seine Wangen würden rot anlaufen. Er senkte den Blick. Castiel berührte vorsichtig Deans Unterarm. Megan, die auf der anderen Seite saß räusperte sich. Dean blickte sie an. Sie legte ihre Hand auf seinen anderen Unterarm. Dean formte mit seinen Lippen ein „Why? Stopp it!“ und sie zog ihre Hand zurück. Doch Dean wurde schnell klar, worauf Megan abzielte. Die Fotografen lauerten noch immer auf ein Sensationsbild. Auch Castiel zog seine Hand zurück.

Als Chuck Shurley die Lesung beendet hatte, brandete Beifall auf. Alle erhoben sich von ihren Stühlen und applaudierten. Dean gefiel der Roman sehr und offensichtlich auch den Anwesenden. Die Stühle wurden neu gruppiert. Es wurde eine Fragerunde für die Journalisten angekündigt.

Die Fragerunde selbst nahm noch einmal eine Stunde Zeit in Anspruch. Im Anschluss hatten die Fotografen noch Zeit, ein paar Fotos zu schießen. Dann wurden die Journalisten verabschiedet. Nur noch die Fotografen, die zum Verlag oder zum Fernsehsender gehörten, durften bleiben. Chuck Shurley lud zum Sektempfang.

Jeder kam mit jedem ins Gespräch. Castiel nutzte die Gelegenheit für eine angeregte Unterhaltung mit Benny Lafitte. Dean sprach mit Megan, da sie seit längerer Zeit nicht mehr zusammen gearbeitet hatten. Auf dem Flug aus Vancouver hatten sie nicht die Möglichkeit für ein Gespräch.

Zwischendurch warfen sich Castiel und Dean verstohlene Blicke zu. Wenn sich ihre Augen trafen, lächelten sie.

Da sich jedoch immer wieder andere Gesprächspartner fanden, hatten sie keine Gelegenheit für eine gemeinsame Unterhaltung. Der Abend neigte sich allmählich dem Ende entgegen.

Chuck beendete die Veranstaltung weit nach Mitternacht. Er bedankte sich bei allen für ihr Erscheinen. Nach und nach verließen die Gäste den Buchladen. Die Limousinen der Schauspieler fuhren nach und nach ab und zum Hotel. Dean blieb bis zum Schluss, da er zu sich nach Hause wollte.

Als Inhaber des Buchladens verabschiedete Castiel jeden verbliebenen Gast persönlich an der Tür. Als Dean an der Reihe war, sagte er zu Castiel „Ich warte draußen auf dich.“ und ging einfach an Castiel vorbei. Es sollte noch eine halbe Stunde dauern, bis Castiel den letzten Gast verabschiedet und den Laden abgeschlossen hatte.

Dean lehnte draußen am Schaufenster und wartete geduldig auf Castiel. „Schade, dass wir heute Abend so beschäftigt waren und keine Zeit für ein persönliches Gespräch hatten.“ begann Castiel. „Darum habe ich ja gewartet. Ich wollte fragen, ob du mit zu mir kommen willst. Dann können wir uns noch ein wenig unterhalten.“ entgegnete Dean.

Castiel schien zu überlegen, nickte dann aber. „Gerne. Macht es dir denn nichts aus? Ich meine, ihr fliegt doch morgen bestimmt sehr früh wieder zurück.“

Dean lachte. „Dann hätte ich es dir nicht angeboten.“ Er schob Castiel vor sich her. „Es sind nur fünf Minuten Fußweg! Also los!“

-9-

Dean blieb vor einer wunderschönen Villa stehen. Sie war nicht groß, aber wirkte sehr elegant. Er schloss auf und bat Castiel herein. Castiel machte große Augen. „Wow!“ Dean lächelte. „Fühl dich wie zu Hause! Kann ich dir einen Kaffee anbieten?“ Er deutete Richtung Wohnzimmer. „Setz‘ dich, ich komme gleich nach!“

Castiel zog seinen Mantel und die Schuhe aus und blickte sich um. Dean bemerkte den suchenden Blick. „Wandschrank rechts, linke Tür. Da sind Bügel und Hausschuhe.“ Währenddessen lief er weiter in die Küche. Seine Küche hatte einen Durchlass zum Wohnzimmer, so konnte Dean sehen, wie sich Castiel auf die Couch setzte. Er lächelte.

Nach etwa fünf Minuten kam Dean mit einer Kanne Kaffee, zwei Tassen und einem Stövchen. „Dean! Sag‘ doch was! Ich hätte dir beim Tragen helfen können.“ Er nahm Dean das Stövchen aus der Hand und setzte es auf dem Tisch ab.

„Rechte Hosentasche, Streichhölzer.“ sagte Dean. Castiel trat dichter an ihn heran. Ohne nachzudenken, steckte er seine Hand in Deans Hosentasche und suchte nach den Streichhölzern. Doch bevor er die Streichhölzer fand, berührten seine Finger etwas anderes, sehr, sehr hartes. Er hielt in der Bewegung inne und blickte Dean ins Gesicht. Dean lief augenblicklich rot an und stöhnte zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Cas, bitte. Die Streichhölzer! Der Kaffee ist heiß. Die Kanne rutscht mit gleich weg.“

„Oh ja. Sorry.“ Cas suchte weiter und fand die kleine Schachtel. Er nahm die Streichhölzer aus der Hosentasche, nahm eines heraus und zündete das Teelicht im Stövchen an. Die Schachtel ließ er einfach auf den Tisch fallen. Dean setzte den Kaffee und die zwei Tassen ab. Er drehte sich zu Cas. Beide standen sich jetzt aufrecht gegenüber. Dean nahm Cas Gesicht in beide Hände und zog ihn näher an sich heran.

Er drückte ihm einen stürmischen Kuss auf die Lippen. Eine Hand wanderte in Cass Nacken, die andere blieb auf Cass Brust liegen. Er spürte den schnellen Herzschlag seines Gegenübers. Cas legte seine Hände auf Deans Rücken und zog ihn so in eine innige Umarmung. Er erwiderte den Kuss mit gleicher Leidenschaft.

Als sie den Kuss unterbrachen, um Luft zu holen, machte Dean einen kleinen Schritt nach hinten. „So wird das nichts mit dem Reden!“ Er drehte sich um und lief in Richtung Küche. Er atmete noch immer schwer, als er wiederkam. Er wedelte mit einer Milchtüte und einer Zuckerdose. Zwischen den Zähnen trug er zwei kleine Löffel. Castiel nahm ihm die Löffel ab.

„Milch und Zucker?“ fragte Dean. „Nur Milch bitte.“ antwortete Castiel. Dean brachte daraufhin den Zucker in die Küche zurück. Er kehrte mit drei Chipstüten zurück. „Welche?“ Er hielt sie Castiel vor die Nase. Cas entschied sich für die Erdnussflips. Dean warf die anderen beiden Tüten auf den Tisch. Die Flips öffnete er gleich und gab sie Castiel.

Castiel nahm die Tüte an sich und setzte sich auf die Couch. „Und es macht dir auch wirklich nichts aus?“ vergewisserte er sich zum wiederholten Male. Dean schüttelte mit dem Kopf. Er holte tief Luft.

„Cas, ich habe dich am Telefon gebeten, mir Zeit zu lassen. Und die brauche ich auch wirklich. Jedes Mal, wenn ich in deiner Nähe bin, habe ich ein Kribbeln im Bauch. Ich möchte dir nahe sein, dich berühren, dich küssen. Und ich möchte noch so viel mehr. Aber ich weiß nicht was, ich weiß nicht wie. Ich möchte es langsam angehen, mich mit dir und der Situation vertraut machen. Du bist mein erster Mann, mein erstes Mal sozusagen. Ich bin mir nicht im Klaren darüber, wohin das führt. Ich weiß nicht, wohin es meinem Gefühl nach führen soll, kann, darf. Ich kann dir nicht sagen, was für eine Beziehung wir führen, ob und wie. Und was Beziehungen angeht, bin ich ein gebranntes Kind. Ich habe Probleme damit, anderen zu vertrauen, einen Partner an meiner Seite zuzulassen. Ich liebe meine Arbeit und habe wenig Zeit. Ich kann dir selbst dann, wenn ich es wollte, kein geregeltes Leben bieten. Ich bin viel unterwegs und selten zu Hause. Und ich habe immer Fotografen am Hals. Meine Privatsphäre ist maximal eingeschränkt. Ich kann dir keine Versprechungen machen. Ich kann und will dir im Moment auch keine Beziehung anbieten. Das Einzige, was ich dir im Moment geben kann, was ich bereit bin zu geben, ist Ehrlichkeit.“ Dean atmete angestrengt aus. Er fühlte sich befreit.

Er goss beiden Kaffee und Milch ein. Dann drehte er sich wieder zu Cas, um ihm seine Tasse zu reichen. Cas hatte gerötete Wangen, als er die Kaffeetasse entgegennahm.

„Dean, das ist soviel mehr, als ich erwartet, als ich erhofft hatte. Ich war mir nicht mal sicher, ob du mich wiedersehen willst. Jetzt weiß ich, dass das heute nicht unser letzter gemeinsamer Abend sein wird. Mehr verlange ich auch gar nicht. Natürlich gebe ich dir so viel Zeit, wie du willst, wie du brauchst, die ich selbst auch brauche. Ich kann dir nur sagen, dass ich die drei Tage am letzten Wochenende sehr genossen habe und dich in den letzten drei Tagen wirklich vermisst habe. Das ist für mich auch neu. In deiner Gegenwart fühle ich mich wieder wie ein Teenager. Ich habe Schmetterlinge im Bauch, ich will mit dir reden, Zeit verbringen, schreiben, telefonieren. Ich will dich berühren, überall. Ich träume von dir, von zärtlichen Berührungen, von Sex.

Wenn du in meiner Nähe bist, schaltet sich mein Kopf völlig aus. Ich will dir nur noch nahe sein, deinen Duft einatmen, deine Wärme spüren…“

Weiter kam Cas nicht. Dean hatte seine Kaffeetasse schon geleert und weggestellt und nahm jetzt Cas die Tasse und die Chips aus der Hand und stellte sie auf den Tisch. Er rutschte auf der Couch näher heran, beugte sich nach vorn und küsste ihn, erst zärtlich, dann fordernd. Cas lehnte sich ihm entgegen und erwiderte den Kuss leidenschaftlich, öffnete seine Lippen für Dean, hieß seine Zunge willkommen und focht mit ihm um die Vorherrschaft. Dean unterbrach den Kuss und lehnte sich zurück. Er betrachtete Cas Gesicht. „Oh Gott, ich will noch so viel mehr, Cas. Zeig es mir, bitte.“

Cas atmete schwer. „Willst du das wirklich?“

„Ja.“

>> Hinter verschlossenen Türen <<

>> danach <<

Dann drehte er sich um und ging voraus Richtung Badezimmer. „Wow.“ hörte er hinter sich. „Deine Tattoos werden doch tatsächlich noch von deinem Hintern übertroffen.“ keuchte Cas.

Dean lachte. Im Badezimmer warf er das Hemd in den Wäschekorb. Er drehte das Wasser in der Dusche auf und stellte sich drunter. „Komm schon Cas, seif mich ein!“ lockte er den anderen in die Dusche. Cas stellte sich zu ihm unter den Wasserstrahl. Er nahm das Duschbad aus der Nische und seifte Deans Rücken ein. Zärtlich strich er über die Wirbelsäule, die Schulterblätter, jeden einzelnen Muskelstrang, der sich unter seiner Berührung bewegte. Dean stützte sich an der Wand ab. „Oh Gott, Cas, einseifen, nicht heiß machen!“ Er drehte sich um. „Sieh nur, was du angerichtet hast!“ Dean war schon wieder steif. Cas lächelte schamlos. „Es tut mir leid.“ Dean lachte. „Das soll ich dir glauben?“ Cas neigte den Kopf zur Seite und klimperte mit den Augen. Dean schüttelte lachend den Kopf. „Jetzt bin ich dran. Dreh dich um!“ Cas schüttelte den Kopf. „Nein, nein, das geht schon.“ Dean zog die Stirn kraus. „Nun zier dich nicht so! dreh dich um!“ Zaghaft drehte sich Castiel um. Deanblieb die Luft weg. „Cas…“

„Das Tattoo ist wunderschön!“ Er strich zärtlich darüber.

„Lass uns ins Bett gehen. Mir ist kalt und ich bin müde.“ sagte Dean vorsichtig. Cas nickte. „Eine gute Idee.“ Dean zeigte Cas sein Schlafzimmer. „Hier schläfst und träumst du also?“ Cas war beeindruckt. Ein riesengroßes Kingsize-Bett stand an der gegenüberliegenden Wand und füllte das halbe Zimmer aus. Dean zog Cas mit sich. Er zog ihn in eine feste Umarmung. „Mein Engel!“ Er warf Cas aufs Bett. Er legte sich neben ihn und bedeckte beide mit einer Kuscheldecke. Er kuschelte sich an Cas, legte seinen Kopf auf Cass Brust und seinen Arm um ihn herum. Er war in Sekunden eingeschlafen.

Agnes

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